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Caroline Winning

Was hast du verdient? Über Geld & Strafe

Wie steht es um deine Beziehung zum Geld? Wie emotional geladen - im Guten wie im Schlechten - ist das Thema bei dir? Bist du entspannt und zuversichtlich, dass es dir finanziell an nichts mangeln wird, selbst bei steigenden Preisen & Panikmache? Treten Sorgenfalten auf dein Gesicht, wenn du an deine finanzielle Versorgung denkst? Und wie erlebst du die Beziehung zwischen deiner Leistung und ihrem Wert?

Ich bin seit einiger Zeit auf innerer Forschungsreise Geld & dem Wert des eigenen Tuns. Ein Thema, welches gesellschaftlich noch immer schambehaftet ist. "Über Geld spricht man nicht" füttert eine Atmosphäre, in der vorsichtig und eher selten über Einkommen, den Wert von Erbrachtem und monetäre Verteilung geredet wird. Das kapitalistische Leistungsparadigma unserer Zeit hilft da ebenso wenig. Hat frau wenig, war sie wohl nicht bereit, hart genug zu arbeiten. Diese zerstörerischen Mythen nehmen ab, jedoch langsam. Heute nehmen Frauen ihr Geld selbst in die Hand, Einkommensunterschiede zwischen Frauen & Männern werden schon länger angeprangert und versucht anzugleichen. Wird der Stein jedoch einmal angehoben und das Thema in seiner Tiefe beleuchtet, erscheint deutlich, wie vor allem unbewusste, psychologische Faktoren Einfluss auf das meistbenutzte Tauschmittel haben.

Über Geld spricht man nicht - noch immer ein Mythos unserer Zeit

Bei mir klopfte das Thema vor einiger Zeit an und bat darum, einmal genauer angeschaut zu werden. Irgendwie floss es nicht so richtig, Geld als solches machte mir mitunter sogar Angst. Es war purer Stress, wenn Post vom Finanzamt kam. Hinzu kamen Zweifel über den Wert meiner Arbeit, was zur Folge hatte, meine Leistungen öfter unter dem Durchschnittshonorar zu verkaufen.


Unser Verdienst hat tiefgehende Wurzeln

In der Auseinandersetzung tat sich ein Zusammenhang auf, der mir einen gellenden AHA-Moment bescherte. Verdienst und Vermögen besitzen zweierlei Bedeutung. Erstens beziehen sie sich auf Finanzen und den monetären Wert einer Sache. Zweitens sind sie Beschreibungen für unsere Kompetenzen und Leistungen. Diese Verbindung erhält einen Knacks, wenn wir daran denken, wie sie uns in Kindertagen vermittelt wurde: damals (und leider auch noch heute) wurde vor allem dann eine Belohnung in Aussicht gestellt, wenn Kinder artig & lieb waren. Dabei war häufig alles andere als klar, woran sich das Bravsein bemisst. Haben die Eltern gelobt, war das Kind offentsichtlich "richtig". Darüber machten Kinder die Erfahrung, dass sie nur dann etwas verdienen, wenn sie sich so verhalten, wie es gewünscht war. Auf diese Weise verkommt die Beziehung zwischen dem eigenen Tun & dem Verdienst zu einer missbräuchlichen Angelegenheit, die an Bedingungen geknüpft ist.


"Hast du das denn verdient?" Spätestens wenn der Weihnachtsmann kam, stand die Frage im Raum, ob man als Kind brav genug gewesen war, um die Geschenke zu bekommen. Nur wenn es den Bedingungen der Erwachsenen entsprochen hatte, so schien es, gab es das ersehnte Spielzeug. Damit blieb es - und bleibt es bis ins Erwachsenenalter - undurchschaubar, ob das eigene Tun verdienstvoll war. Schließlich waren die Bewertungsmaßstäbe der Erwachsenen genauso nebulös wie die Figur des Weihnachtsmanns. So wurde die Beziehung zum heutigen Verdienst gestört, welche auf unbewusster Ebene noch immer mit uneinsichtigen Bedingungen daher kommt. Das wirkt sich doppelt negativ aus in Überzeugungen wie: "Ich habe keinen Einfluss auf mein Einkommen, also das Geld, welches ich verdiene" und "Der Wert meiner Leistung hängt damit zusammen, ob ich lieb & artig bin". Letztere Annahme führt dazu, unsere (Arbeits-)leistung vor allem daran auszurichten, das Gegenüber nicht vor den Kopf zu stoßen. Also setze ich möglichst niedrige Preise an, damit sich niemand über mich beschwert. Aufatmen, nochmal der Bestrafung entgangen. Sie wäre nämlich auf dem Fuß gefolgt, wenn wir als Kinder nicht das gewünschte Verhalten gezeigt hätten.

Bravsein zahlt sich aus - wird heute noch vermittelt

Diese erlernte Begrenzung lässt auch das Vermögen beschädigt dastehen, denn es hängt am Verdienst. Die Frage "Was vermagst du (alles)?" macht deutlich, dass es sich beim Vermögen um mehr als die finanzielle Ausstattung handelt. Wir können uns ebenso vermögend schätzen, wenn wir ein reiches soziales Netz haben, ein starkes Bündel an Fähigkeiten & Kompetenzen oder einen leistungsfähigen, gesunden Körper. Auch dann sind wir vermögend, reich bestückt. Die verkorkste Beziehung zum Verdienst verengt den Blick jedoch auf das rein monetäre Vermögen, was zu Wertlosigkeit & Angst vor finanziellem Ruin führt.


Wo kommt denn jetzt die Heilung her?

Vor dem Hintergrund dieser toxischen Beziehung ist es heute wesentlich, unserem inneren Kind zu vermitteln, dass es wertvoll ist, egal was es tut. Dazu gehört, ihm die Angst zu nehmen, es könne Strafe verdient haben. Die Psychologie weiß schon länger von unseren inneren Teilpersönlichkeiten mit dem inneren Kind als der elementarsten Instanz. Die Physik hat die Erkenntnis von relativer Zeit gebracht. Beides in Verbindung können wir uns zunutze machen für die Auflösung blockierender, unbewusster Glaubensmuster. So können wir unserem inneren Kind vermitteln, dass Heute nicht Damals ist und wir als Erwachsene Einfluss darauf haben, was und wieviel wir verdienen.

Ich erlebe diesen inneren Dialog als sehr heilsam und spüre jedesmal, wie meine Kleine sich entspannt. Sie macht die neue Erfahrung der bedingungsfreien Liebe. Auf diese Weise wird das alte Muster überschrieben und ein neues, förderliches aufgebaut. Im Alltagserleben führt das dazu, dass sich das flaue Gefühl im Magen zunehmend verabschiedet, wenn mal wieder ein Brief vom Finanzamt reinflattert. Mir wird der Wert meiner Arbeit klarer und ich erlebe mehr Selbstbewusstsein, wenn ich in Honorarverhandlungen gehe. Ein Meilenstein auf dem Weg der Heilung.


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