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Caroline Winning

Wenn alles so weitergeht wie bisher... oder: können wir noch verzichten?

Dieses Jahr ist alles anders. Wir leben in einer Zeit, die uns in großem Stil abverlangt, alle Pläne, Konzepte, Vorstellungen und Erwartungen loszulassen. Immer wieder auf's Neue sind wir gefragt uns anzupassen, umzudenken, kreativ zu werden und das Beste aus der Situation zu machen. Es könnte auch ein anderer Anlass sein als der einer Pandemie. Nun ist es eben Corona, welches uns immer wieder herausfordert, die Dinge anders zu machen als bisher.

Diese Zeit stellt die immense Aufgabe an jede:n einzelnen von uns, Bestehendes zu hinterfragen. Vor allem dann, wenn langgehegte Traditionen, liebgewonnene Rituale oder für selbstverständlich gehaltene Dinge dem entgegenstehen.


Im Moment platzen die Nähte der DHL-Lager aus allen Nähten, schrieb mir gestern eine Verkäuferin. Ich bat sie, mir meine Bestellung nach den Feiertagen zu schicken, um die Situation nicht noch weiter zu verschärfen. Denn wir haben Lockdown und in 6 Tagen ist der 24.12.. Dann beginnt Weihnachten, das Fest der Liebe und Geschenkeberge.

Erinnerst du dich noch an das, was dir im letzten Jahr geschenkt worden ist? An alles? Was war dein Lieblingsgeschenk, hattest du eines? Ich muss mich anstrengen, mich zu erinnern und habe nur diffuse Bilder im Kopf. Nichts, was deutlich heraussticht. Ein bestechliches Zeichen für: es waren (zu) viele.

Auch in diesem Jahr muss alles so weitergehen, habe ich dein Eindruck. Nicht so sehr, weil sonst die Wirtschaft leidet, denn wer von uns denkt schon an die Wirtschaft, wenn es um Weihnachten geht?

Es geht einfach alles so weiter, weil es GEHT. Dann bestellen wir eben online, wenn das Geschäft zu hat. Ist eh viel bequemer vom Sofa aus. Die ganze Rennerei fällt endlich mal zwangsläufig weg. Wie praktisch.

Und nehmen somit in Kauf, dass sich die Lager bis zum Bersten füllen, die Postbot:innen überlastet sind, die LKW-Trucks die Straßen füllen (apropos Klimaschutz) und allerorten Hektik entsteht, damit der Geschenkeberg nur ja nicht kleiner wird. Wir wollen es uns doch in diesem Jahr besonders schön machen! Wo schon so viel Verzicht anstand.


Dabei nehmen wir vor allem in Kauf, dass sich nichts ändert. Diese verrückte Zeit bietet uns so viel Gelegenheit, innezuhalten und uns ernste Fragen zu stellen:


Fehlt mir wirklich etwas, wenn ich nicht so weitermache wie bisher?

Kann ich mich in meinem Leben auch mit weniger begnügen?

Muss ich alles immer genau dann haben, wenn ich es will?

Kann ich noch warten, geduldig sein & aushalten?

Erlebe ich noch Vorfreude in meinem Leben und wie fühlt sich das an?


Unser Verfügbarkeitskultur lockt uns permanent damit, dass wir alles haben und tun können, was wir uns in den Kopf gesetzt haben. Im Ernst: hat der eigentlich immer die besten Ideen? Und was für eine Welt kreiieren wir, wenn seinen Impulsen rund um die Uhr nachgeben? Können wir noch verzichten und mit damit unangenehm verbundenden Gefühlen wie Enttäuschung umgehen? Können wir aufhören, so weiterzumachen wie bisher und damit uns selbst und unserem Planeten eine echte Pause geben?


Ich weiß für mich: ich werde basteln. Vielleicht mache ich selber Pralinen. Oder Körperbutter. Beides geht ganz einfach, ich habe schon nachgeschaut. Ich begnüge mich mit nur einem Geschenk für meine Liebsten. Und ich möchte mal wieder Briefe schreiben, in echt mit Füller und Briefpapier und so. Zeilen aus meinem Leben, Herzenswünsche für die, die ich lange nicht mehr gesehen habe in dem Wissen: irgendwann wird alles (wieder) anders sein.


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