Zwischen Stress, Körper und Krankheit: Die Rolle der Faszien bei der Gesundheit
- Caroline Winning
- vor 4 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
Kleine Zellen, zerstörerische Wirkung - die Krebszelle. Blenden wir für einen kleinen Moment die Verwüstung aus, die sie anrichten können, sind diese Zellen im Grunde wahre Meister im Selbsterhalt. Losgelöst vom Rest des Körpers haben sie auf volle Pulle Autonomie umgeschalten und machen konsequent und rabiat ihr eigenes Ding. In Ermangelung an Verbindung mit dem übrigen Gewebe haben sie das in ihnen wohnende, ur-archaische Programm angeworfen, das da lautet: "Nur ich allein zähle!" und sind vom Verbundzeller zum Einzeller mutiert bzw. regrediert. Mit allen mitunter tödlichen Konsequenzen, die es für den Organismus hat, in dem sie Zuhause sind.
Was bringt Zellen dazu, zum Einzellertum zu werden & ihr eigenes Ding zu drehen?
Mein Kenntnisstand hierzu ist nicht der einer Expertin. Gleichzeitig begegnet mir in rasantem Tempo aktuell viel Wissen durch die Begegnung mit Spezialist:innen von Psyche & Körper, die einen ganzheitlichen Blick auf Gesundheit & Krankheit haben.
Im Felde der Psychologie sticht vor allem Gabor Maté heraus, der in seinem augenöffnenden Werk "Wenn der Körper Nein sagt" valide Zusammenhänge zwischen Krebserkrankungen und emotional unverarbeitetem Leid aufzeigt. Dieses erzeugt chronischen Stress in uns, der in eine Reihe von Krankheiten wie u.a. Krebs münden kann.
Doch was genau geschieht in uns, wenn Emotionen unterdrückt werden?
Hier ist die Forschung mittlerweile weiter und findet ein wesentliches Puzzleteil in unseren Faszien. Diese Art Haut, die sich wie ein Film um alle Muskeln, Organe und Zellen legen und diesen Form & Halt geben, sind es letztlich, die die emotionale Ladung halten und weitergeben.
Faszien sind daher nicht nur eine statische Struktur, sondern auch ein sensitives, elektrisches Netz, das Emotionen und Stress speichern und übertragen kann. Dieses Gewebe kann bei Stress und Angst zu Verspannungen und Verklebungen führen.

Geraten beispielsweise Bakterien in die Faszien, können sie sich leichter einnisten. Das Immunsystem hat zudem seine Mühe, in das fasziale System zu gelangen, da die fasziale Spannung es ihm erschwert, die Faszie zu erreichen & wirksam zu werden.
Eine andere Folge erleben wir bei Organen oder Muskeln: als äußere Membran können verklebte Faszien anhaltenden Druck auf all unsere Körperbestandteile ausüben. In Folge nimmt die Funktionsfähigkeit ab, der Muskel wird geschächt oder das Organ erkrankt.
Verklebte Faszien infolge nicht entladener Emotionen haben beträchtliche Auswirkungen auf unsere körperliche Gesundheit. Wir tun also nicht nur unserer Psyche einen Gefallen, wenn wir Emotionen erleben und verarbeiten können, sondern letztendlich unserem gesamten Organismus.
Weiter zu den Krebszellen: verspanntes fasziales Gewebe ist ein karges Gewebe. Nährstoffe dringen weniger leicht dorthin, die Versorgung mit Sauerstoff ist reduziert und wie bereits erwähnt, wirkt auch das Immunsystem nur begrenzt, so dass Bakterien sich freudig vermehren können. Ein weiteres Argument für fasziale Gesundheit, um sich gegen Erkältungen in den High seasons zu wappnen.
Fasziale Anspannung kann zudem verstärkt werden, wenn der Muskeltonus durch viel Sport dauerhaft erhöht ist. Die zusätzliche Muskelspannung erhöht die Verhärtungen und Verklebungen der Faszien noch und bietet weniger versorgungsreiche Umgebung. Zellen in solch kargen Umgebungen können zum Eremiten mutieren, sich vom Rest des Gewebes loslösen & auf isolierten Wegen wandern.
Fasziengesundheit: was hilft zur faszialen Entladung?
Da Faszien unser emotionales Organ sind, ist es hilfreich, vom Kopf sprichwörtlich ins Herz zu rutschen und bei herausfordernden, stressigen Situationen ins Fühlen & Spüren zu kommen. Der Gedanke allein sorgt nicht für die Entladung. Die Einladung besteht vielmehr darin, in sich hinein zu spüren, wie es sich im Körper anfühlt, wenn wir Sorgen, Nöte, Ängste oder Druck haben. Zieht es im Bauch? Ist der Nacken fest, der Brustraum enger? Richten wir unsere akzeptierende Wahrnehmung auf die Körperbereiche, die uns unsere Gefühle spiegeln, sorgt die Aufmerksamkeit dafür, dass das Erlebte in unsere Psyche integriert wird. Hirn & Körper verbinden sich, woraus neue Ruhe und Zuversicht erwachsen können. Wahrnehmen sowie Annehmen, was gerade da ist, sind die Schlüssel zur emotionalen Entladung. Dafür braucht es manchmal ein Gegenüber, um sich mit den eigenen Emotionen nicht zu allein zu fühlen. Hier ist therapeutische Unterstützung angeraten. Körperachtsamkeit lässt sich gleichzeitig ebenso allein praktizieren, zumal unser System mit zunehmender Übung lernt, Gefühle & Affekte immer besser auszuhalten.

Im nächsten Beitrag stelle ich euch wertvolle Übungen aus dem Pranayama vor, mit denen fasziale Entladung herbeigeführt werden kann. Bis dahin noch der Tipp, sich an eine/n erfahrene/n Osteopathin zu wenden, der euch dabei unterstützen kann, sich wieder mit dem eigenen Körper und seinem Erleben zu verbinden.
Genutzte Quellen:
Yogabasierte Traumatherapie von Dietmar Mitzinger
Gabor Maté: Wenn der Körper Nein sagt. und Vom Mythos des Normalen