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  • Caroline Winning

Führungsalltag Konfliktvermittlung: 7 wirksame Werkzeuge, wenn 2 sich streiten

Führungskräfte sehen sich mitunter Situationen ausgesetzt, in denen Mitarbeiter:innen aneinandergeraten und im Streit vermittelt werden muss. Diese Situationen sind oft sehr spannungsgeladen und suchen nach geeigneten Wegen, um den Konflikt zu beruhigen und ein Miteinander wieder möglicher zu machen. Für den Fall eines solchen Mediationsgesprächs seien hier wirksame und erprobte Methoden der Konfliktentspannung vorgestellt.



Strategien der Deeskalation im Konflikt

  1. Präsentes, empathisches Zuhören. 


Während die Konfliktparteien ihre jeweilige Sicht auf die Dinge schildern, dient es, mit einer offenen, aufmerksamen Haltung zuzuhören. In dieser zeigen wir uns interessiert aufgeschlossen und geben der Person den Raum, sich in ihrem Tempo von Herzen zu reden, was sie frustriert oder bedrückt. Wir greifen nicht ein, indem wir Fragen stellen oder Lösungsvorschläge anbieten, sondern bleiben mit unserer Präsenz bei dem, was uns unse Gegenüber sachlich wie emotional mitteilt. 




2. Spiegeln von Sache, Gefühl und Bedürfnis.


Resonanz erzeugt Verbindung und führt zu Beruhigung unseres in Stress geratenen Nervensystems. Resonanz geschieht, wenn wir uns aufeinander einstimmen. Die Voraussetzung ist die präsente Grundhaltung, in der ich den Raum für mein Gegenüber öffne und eigene Bewertungen, Lösungsansätze und Ideen loslassen. Ich stimme mich also mental wie emotional in das Gegenüber ein und nehme bewusst wahr, was mein Gegenüber bewegt. Davon legt das Spiegeln Zeugnis ab, indem ich in meinen Worten wiedergebe, was sie oder er erfahren hat, fühlt und für wichtig empfindet. 
 Das inhaltliche Zusammenfassen des Geschehens lockert dabei den Griff des Stammhirns, welches im Konflikt in den Angriffs-, Flucht- oder Totstellmodus schaltet und aktiviert das Frontalhirn durch die versachlichte Wiedergabe der Fakten. Wir bringen etwas Bodenhaftung unter die Füße. Die Nutzung dieser von außen beobachtenden Perspektive nimmt der Geschichte zudem oftmals ein wenig von ihrer Dramatik. 


Genauso wesentlich wie die Wiedergabe der jeweiligen Sichtweisen ist die Benennung der Emotionen, die das Geschehen beim Gegenüber ausgelöst hat. Hierdurch entsteht das Erleben, als ganzer Mensch gesehen zu werden. Durch das Spiegeln der Gefühle machen die Konfliktparteien die Erfahrung, dass ihr emotionales Erleben weder falsch noch unangemessen ist und sie ein Recht darauf haben, sich zu fühlen, wie sie sich fühlen. Diese Art von Verständnis (nicht zu verwechseln mit Einverständnis) und Mitgefühl führt ebenso zu einer Beruhigung auf autonomer Ebene und somit zu mehr Bereitschaft, die Gegenseite anzuhören.



Ein tieferes Verstehen der Konfliktdynamik erreichen wir durch die Einbeziehung der Bedürfnisse. Sicherheit, Respekt, Liebe und Autonomie als einige ihrer Vertreter motivieren unser Handeln und sind in Konfliktsituationen immer beteiligt. Erleben wir Mangel eines Bedürfnisses, erkennen wir das an unguten Gefühlen wie Ärger, Angst oder Ungeduld. Um besser zu verstehen, weshalb Handlung X zu starken Gefühlen und einem Konflikt führen konnte, hören wir somit auch auf dem Bedürfnisohr, wenn die Beteiligten ihre Sichtweisen schildern. Indem wir die tieferen Beweggründe ans Tageslicht holen, können wir das gegenseitige Verständnis beider Konfliktparteien erhöhen.

Der Grund dafür liegt in der universellen Qualität menschlicher Bedürfnisse. Wir alle teilen den Wunsch nach Sicherheit oder Liebe, auch wenn uns die Wege zu ihrer Erfüllung unterscheiden mögen. Das Benennen der jeweiligen, im Konfliktfall unerfüllten Bedürfnisse baut da Brücken, wo sich vorher konträre Handlungen gegenüberstanden. Die Konfliktpartner können da Ähnlichkeiten entdecken, die es bei aller Verschiedenheit zwischen ihnen gibt.
 Das Spiegeln der Bedürfnisse bringt zudem emotionale Erleichterung, wird das Gegenüber doch erkannt in ihrem/seinem ursprünglichen Wollen. Zu guter Letzt bahnt das Erkennen der beeinträchtigen Bedürfnisse Wege zu gemeinsamer Lösung. Geht es bspw. um Respekt, kann geschaut werden, welche Handlungen nötig sind, um diesen wiederherzustellen - durch beide Konfliktparteien, denn für die Bedürfniserfüllung sind jeweils beide zuständig.




3. Bewertungen von Beobachtungen unterscheiden.


Es ist hilfreich, die Unterscheidung zwischen Bewertung und Beobachtung zu machen. Subjektive Bewertungen werden im Konfliktgespräch als solche benannt. So lässt sich der Vorwurf "Sie respektiert mich nicht!" in die Beobachtung übersetzen: "Frau X hat Ihnen ihren Urlaub nicht rechzeitig mitgeteilt und dadurch erleben Sie sich von Frau X nicht respektiert." So bleiben subjektive Wahrnehmungen subjektiv und werden nicht zur Tatsache emporgehoben. Die Geschichte kann hierdurch versachlicht werden. Die Beobachterperspektive ist zudem ein wirksames Werkzeug, um emotionalen Druck rauszunehmen. 




4. Perspektivwechsel anregen.


Auch diese Strategie regt das Fromtalhirn und somit das analytische, vernunftbegabte Denken an. Wir fragen dabei die Konfliktparteien, was sie meinen, wie sich ihr Gegenüber möglicherweise fühlt und denkt. Diese innere geistige Bewegung hin zum Anderen macht den Blick frei für andere Perspektiven außerhalb der eigenen. Zugleich signalisiert das Hineinschlüpfen in die Schuhe der anderen Person ein Bemühen um das Verstehen der anderen Sichtweise. Verständnis und Empathie werden gebahnt und können verhärtete Fronten lösen und zu mehr einem Gefühl des stärkeren Miteinanders führen. 





5. Bitten formulieren lassen.


Fragen Sie die Konfliktparteien danach, was ihr Beitrag im Gespräch ist, dieses in eine konstruktive, lösungsorientierte Richtung zu lenken. In der Gewaltfreien Kommunikation sprechen wir in diesem Zusammenhang oft von Bitten und meinen damit konkrete, realistische Schritte, die die aktuell unerfüllten Bedürfnisse adressieren. Dabei richten sich Bitten sowohl an die Person selbst, die die Bitte ausspricht als auch an das Gegenüber im Streit. Wichtig hierbei sind spezifische, machbare Handlungen, also alles, was sich unser Gehirn bildlich ausmalen kann. Es reicht nicht, die Bitte zu formulieren: "Ich bleibe im Gespräch ruhig", da sie keine Handlungsstrategie aufzeigt, wie das gelingen soll. Konkret wäre dagegen "Sobald ich mich aufrege, atme ich dreimal tief durch." 




6. Den inneren Erwachsenen stärken.





In Konflikten springen immer auch Anteile an, die in frühen und frühesten Kindheitstagen entstanden sind. Heutige Situationen aktivieren diese Ich-Anteile, da sie Ähnlichkeiten mit den einstigen Erfahrungen aufweisen. Erleben wir kindische Verhaltensweisen und Reaktionen wie Trotz oder Rache, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich solch ein jüngerer Anteil auf die Vorderbühne begeben und die Regie übernommen hat. Führungskräfte tun mitunter gut daran, sich Kenntnis um diese intrapsychischen Dynamiken zuzulegen, um sie besser einordnen zu können und handlungssicherer zu werden.


Im akuten Fall hilft es, die erwachsene, rationale Perspektive zu aktivieren, indem die Konfliktparteien bspw. gefragt werden, was sie an der Stelle der vermittelnden Person oder einer außenstehenden, beratenden Person tun würden. 
Wenn das kindische Verhalten vorherrschend bleibt, ist ein Spiegel oft hilfreich, verbunden mit der Frage nach Auswirkungen und Konsequenzen. Droht eine Person bspw. mit Krankheit, kann die Reaktion seitens des Vermittlers lauten: „Sie drohen damit, sich krankzuschreiben. Was glauben Sie, würde das zur Folge haben?“
Auch der nächste Punkt kann die Wirkung haben, den inneren Erwachsenen zu stärken und so das Gespräch wieder in sachlichere Gewässer zu lenken:


7. An die Rolle und das gemeinsame Ziel appellieren.

In Organisationen nehmen Menschen Rollen mit ihren jeweiligen Aufgaben, Rechten und Pflichten an. Dazu gehört das Organisationsziel, welches die Klammer um die Beteiligten legt. Als Vermittler können wir an die Rolle sowie das gemeinsame, übergeordnete Ziel erinnern und die Konfliktparteien einladen zu überlegen, was getan werden kann, um beides wieder stärker in den Blick zu nehmen. Die emotionale Verstrickung, die durch innere Anteile befeuert wird, kann dadurch zugunsten des sachlichen Zwecks in den Hintergrund rücken. Damit befinden wir uns wieder auf der sachlich-analytischen Ebene, die es wahrscheinlicher macht, den Blick auf die gemeinsame Sache zu richten und sich vom Konflikt zu lösen.


Wenn alles nichts hilft...

In angespannten, überhitzten Situationen ist es oft zweckdienlich, eine Pause zu machen, so dass sich die Gemüter beruhigen können. Pausen, in denen wir ein paar Schritte gehen, aus der angespannten Körperhaltung herauskommen und wir uns mental anderen Dingen zuwenden können, dienen dazu, das Stammhirn mit seinen automatisch ablaufenden Verteidigungsmechanismen zu beruhigen. Stresshormone werden abgebaut, wenn Bewegung reinkommt und das parasympathische Nervensystem wird aktiviert, was zur Dämpfung von Adrenalin führt. Selbst Unterbrechungen bis zum nächsten Tag dienen dem Herunterkochen der Gemüter. Wichtig ist hierbei, eine konkrete Verabredung zu treffen, wann das Gespräch schnellstmöglich wieder aufgenommen wird, damit der Faden nicht allzulang in der Luft hängt.


Konflikte sind nie einfach, auch wenn sie essentieller und unabdingbarer Anteil des Lebens sind. Sie werden uns immer begleiten, was Führungskräfte und am Ende uns alle einlädt, uns Werkzeuge im Umgang mit ihnen zuzulegen. Dann kann ihnen vielleicht der ärgste Stachel gezogen werden und die Wege zueinander bleiben weniger lang blockiert.



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