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  • Caroline Winning

Zähne zeigen, Ladies! Wie uns unsere Wut weiter bringt

Kürzlich berichtete mir eine Frau, wie sie nach einem längeren Krankheitsausfall von ihrem Arbeitgeber von A nach Z und wieder nach A geschickt wurde, weil sie es für nach ihrer Rückkehr schlicht keinen Platz gab. Im wortwörtlichen Sinne: ihr Büro war besetzt, ein anderes gab's nicht, so dass man ihr vorschlug, ihrer Arbeit auf dem Flur nachzugehen. Monate später improvisiert sie sich immer noch durch die zahlreichen Räume; ärgerlich klagte sie mir, sie fühle sich wie Verschiebemasse.


In ihrer Situation war ihr Ziel, sich davon weniger beeindrucken zu lassen und schneller in die Gelassenheit zurück zu finden. Als ich das hörte, sprang bei mir eine Mischung aus Verwunderung, Empörung und Schmunzeln an. Ich erklärte ihr daraufhin frank & frei, dass ich ihr leider nicht helfen könne. Ganz im Gegenteil. Ich unterstütze niemanden dabei, sich einen emotionalen Panzer zuzulegen. Noch weniger fördere ich Ignoranz gegenüber würdelosem Verhalten, welches man ihr gegenüber an den Tag gelegt hatte.

Alteingestandende Mitarbeiter:innen mit ihrem Wiederankommen allein zu lassen ist respektlos. Es ist Führungsaufgabe und -verantwortung, sich um seine Angestellt:innen angemessen zu kümmern, vor allem, wenn diese lange krank waren und somit physisch und seelisch einiges durchgemacht haben.


Wir erkannten beide schnell im Gespräch, was geschehen war: ein altbekanntes, oftmals uns Frauen betreffendes Muster hatte sich still & heimlich als harmonisierende Patina über den Schmerz gelegt, den die Verantwortungslosigkeit bei ihr verursacht hatte. Als kleine Mädchen, die vor allem lernen, sich anzupassen und auf die Bedürfnisse anderer Rücksicht zu nehmen, ist es ein tief verinnerlichter Reflex, die eigene Wut sowie die Verletzung runterzuschlucken. Stattdessen wird verharmlost, klein beigegeben oder gar die Perspektive des anderen eingenommen: "Hach, der meint es ja nicht so, sie/er kann ja auch nichts dafür..." usw. Verständnis für den Verursacher als Überlebensprinzip. Ein Mist.


Also versuchen wir Frauen uns den Gegebenheiten anzupassen, unsere Gefühle möglichst wenig wichtig zu nehmen und einfach weiterzumachen. "Das Universum macht schon" - mir zieht sich alles zusammen, wenn ich DAS höre! Lege ich gnädig mein Schicksal in die übermächtigen Hände von da oben und lasse die Göttin walten. Ommmmmm....

Laut werden, damit die Welt uns hört

Wie oft erlebe ich dieses Ausweichen, wenn eigentlich verantwortliches Handeln angesagt ist! Ver-ANTWORT-ung meint, wie der Name schon sagt, eine klare Reaktion auf das, was wir als Missstand erleben. Und das ist ALLES, was den Menschen als Menschen ausgrenzt, beschämt oder verletzt, körperlich oder seelisch.

Woran wir das merken? An unseren Emotionen! Sie sind das durchschlagende Signal dafür, dass uns grad übel mitgespielt wird. Sobald uns jemand so behandelt, werden sie aktiv. Wir spüren das an aufsteigendem Groll, Ärger und Wut, worunter sich oft Traurigkeit, Enttäuschung und Schmerz verbergen.

Früh übt sich...


Dabei geht es nicht darum, jedesmal auf Teufel komm raus die Zähne zu zeigen. Oft erinnern uns heutige Situationen an frühkindliche Verletzungen. In dem Fall ist es angebracht, sich selbst Empathie und Einfühlung entgegen zu bringen. Liebevoll mit unserem inneren Kind in Dialog zu treten und ihm die Art von Verständnis und Geborgenheit zu geben, die es einst ermangelt hat.

Gleichzeitig kommen wir nicht umhin klar zu benennen, wenn wir ausgrenzendes, beschämendes oder verletzendes Verhalten erleben - bei uns oder anderen. Tun wir das nicht, verletzen wir unsere eigene Integrität und Würde. Damit schaden wir uns selbst massiv. Eine typische Auswirkung sind psychosomatische Folgeerscheinungen. Eine weitere ist ein Gefühl innerer Leere, was sich vertieft, je mehr wir gegen uns selbst handeln.


Liebe Frauen - in diesem Sinne: lasst uns immer wieder aufstehen, wenn Ungerechtigkeit geschieht! Lasst uns Ja zu unseren Gefühlen sagen und ihnen Ausdruck verleihen - selbst, wenn das für andere ungemütlich ist! Akzeptieren wir niemals, wenn mit uns umgegangen wird wie mit Verschiebemasse!


P.S. Die beschriebene Situation entwickelte sich weiter: dadurch, dass meine Bekannte ihren Frust deutlicher als sonst zum Ausdruck brachte, gibt es nun eine Übergangslösung. Sie schreibt: "Entwicklung ist mir möglich." Aho!


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